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Projektmethode

Zunehmende gleichberechtigtes Rollenverständnis von Lehrenden und Schülerschaft

Nach dem Kerncurriculum für die Oberschule im Fach Wirtschaft (Niedersachsen) stellen Projekte eine Unterrichtsform dar, in der von einem zunehmend gleichberechtigten Rollenverständnis von Lehrenden und Lernenden ausgegangen wird. Sowohl die Ziele und Inhalte als auch die Aktivitäten in einem Projekt sollen in einem zunehmenden Maße die Selbstständigkeit der Projektmitglieder fördern.

Die Schülerinnen und Schüler …

  • planen, führen durch und kontrollieren am Ende von Schuljahrgang 10 unter Anleitung Projekte
Definition

Unter der Projektmethode wird eine Unterrichtsform verstanden, bei der von einem zunehmend gleichberechtigten Rollenverständnis von Lehrenden und Lernenden ausgegangen wird und die Projektgruppe ihre Lern- und Arbeitsschritte i. H. a. eine gemeinsame Zielsetzung plant, durchführt und reflektiert (Kaminski 2017, 268; Kaiser/Kaminski 2012, 196). Im besonderen Fokus der „ökonomischen Bildung können Projekte grundsätzlich danach unterschieden werden, ob als Projektergebnis ein Produkt hergestellt oder eine Dienstleistung erbracht wird. Das Projekt dient dazu, das Projektziel zu realisieren. Eine Projekttätigkeit legitimiert sich aus dem Ziel, das beschlossene ´Produkt, die beschlossene ´Dienstleistung zu erreichen und nicht Lernziele eines Lehrplans zu erfüllen“.

Hintergrund

Das Wort Projekt geht auf das lateinische Wort „projicere“ (lat.) zurück und bedeutet „planen, vorauswerfen, entwerfen“. Ihren Ursprung hat die Projektmethode in Nordamerika. Die historischen Entwicklungslinien der heutigen Projektmethode lassen sich bis in die Anfangsphase des 20. Jahrhunderts zurückverfolgen und sind mit Namen wie Dewey, Kilpatrick, Snedden und Richards verbunden (Kaiser/Kaminski 2012, 196 ff.). Im europäischen Raum wird die Projektmethode v. a. durch die Reformpädagogik Anfang des 20. Jh. sowie durch die Arbeitsschulbewegung getragen. Eine Weiterentwicklung des Projektgedankens erfolgte in Europa v. a. im Zuge der Bildungsreformen in den sechziger und siebziger Jahren. Die Projektidee wurde vorrangig als Programm gegen das traditionelle Lernen in Schule und Hochschule verstanden. Die Projektmethode ist nach Frey (1993, 16) eine offene Lernform, die den Lernenden vielfältige Möglichkeiten zum selbstbestimmten Handeln und Lernen sowie Problemlösen eröffnet. Im Folgenden sollen einige Merkmale dieser methodischen Großform genannt werden, die in der Literatur immer wieder hervorgehoben werden (Kaiser/Kaminski 2012, 205 ff.):

  • Produkt- und Handlungsorientierung, d. h. die Grundlage des Lernens ist die Arbeitspraxis, die i. d. R. auf die Erstellung eines Produktes oder einer Dienstleistung abzielt. Die Lernaktivität ist in einen Handlungszusammenhang einzubetten, der sich sowohl im konkreten Handeln, Tun und Ausführen sowie im Reflektieren manifestiert.
  • Interdisziplinarität meint das Überschreiben von Disziplin- und Fächergrenzen sowie die Kooperation mit Lehrkräften anderer Fächer und mit Expertinnen und Experten sowie Vertreterinnen und Vertreter von Verbänden etc.
  • Schülerorientierung zielt auf die besondere Berücksichtigung der Bedürfnisse und Interessen der Lernenden zur Förderung der intrinsischen Motivation und der Identifikation mit dem Projekt.
  • Situations- und Gesellschaftsbezug meint die Berücksichtigung der situativen Bedingungen der Klasse, Schule etc. Projekte können gesellschaftliche Probleme aufgreifen oder nützliche Produkte für die Gesellschaft hervorbringen.
  • Gemeinsame Organisation von Lernprozessen, d. h. alle Projektteilnehmenden werden bei der Zielsetzung beteiligt. Den Lernenden ist ein Freiraum für eigenverantwortliche Entscheidungen einzuräumen.
  • Selbstorganisation, d. h. die Lernenden haben die Möglichkeit, die Planung, Durchführung und Auswertung des Projektes selbst zu bestimmen und ihr Handeln zu reflektieren. Dadurch kann der Erwerb von Selbstlern- (Einsatz von Lernstrategien) und Sozialkompetenzen (Teamarbeit, Kooperation) gefördert werden.
Beschreibung
1. Verlaufsstruktur

Die Projektmethode lässt sich grob in vier Phasen einteilen (Kaiser/Kaminski 2012, 209 ff.)

(1) Zielsetzung

Zu Beginn des Projektes steht eine Idee oder ein Problem, das im Idealfall von den Lernenden selbst ausgeht. Dazu entwerfen die Projektteilnehmenden unter bestmöglicher Berücksichtigung unterschiedlicher Bedürfnisse und Wünsche eine Projektskizze, die auch Alternativangebote enthalten sollte. Anhand dieser vorläufigen Projektskizze werden gemeinsam Ziele als Grundlage für die weitere Projektarbeit diskutiert und ermittelt.

(2) Planung

Auf der Basis der Projektzielbeschreibung und -skizze erstellen Lehrende und Lernende gemeinsam den Projektplan. Die Projektteilnehmenden müssen ihre Betätigungswünsche äußern können und die Möglichkeit erhalten, ihre speziellen Fähigkeiten, Fertigkeiten, Vorstellungen und besonderen Begabungen einzubringen. Die Planung schließt mit Vorannahmen, Arbeitsschritten, Zuständigkeiten und einem Zeitrahmen. Planungshilfen für den Projektplan könnten sein:
 

  • Festlegen, welche Ziele mit dem Projekt verfolgt werden.
  • Zusammenstellen, welche Informationen, Hilfen usw. benötigt werden, um das Projekt zu realisieren.
  • Anhand einer Checkliste zusammenstellen, woher man Informationen und Hilfen für die Projektarbeit bekommt.
  • Beraten, welche Lehrenden und Expertinnen und Experten bei der Projektarbeit Hilfe geben könnten.
  • Überlegen, wer angeschrieben werden muss und welche Erkundungsaufträge durchgeführt werden müssen.
  • Festlegen, wer die benötigten Informationen, Materialien und Hilfen anfordert bzw. beschafft.
  • Zusammenstellen, welche Geräte, Handwerkszeug, Materialien, Formulare und Unterlagen für die Arbeit benötigt werden.
  • Kriterien festlegen, um das Ergebnis und die Projektarbeit zu beurteilen.
  • Überlegen, wie die Projektergebnisse anderen vorgestellt werden können.

(3) Durchführung

Auf der Basis des ausgearbeiteten Projektplans erfolgt die tatsächliche Ausführung. Die Arbeiten werden gemeinsam oder in Gruppen arbeitsteilig erledigt. Während der Projektarbeit kann es nötig werden, dass der Projektplan abzuändern ist sowie Ziele revidiert werden müssen oder bestimmte Vorstellungen sich nicht realisieren lassen. Im Verlauf des Projektes werden immer wieder Fixpunkte und Zwischengespräche (Metainteraktionen) eingeschoben (Frey 1993, 146 ff.). Fixpunkte dienen der Überprüfung der bisherigen Arbeit bzgl. Zeitrahmen und Ergebnissen. Damit kann blinde Betriebsamkeit, Orientierungslosigkeit und fehlende Abstimmung zwischen einzelnen oder Gruppen verhindert und der Arbeitsplan ggf. revidiert werden. Das Zwischengespräch bezieht sich auf das Normalgeschehen im Projekt und auf den Umgang miteinander. Die Projektteilnehmenden nehmen eine gewisse Distanz zum Projekt ein und setzen sich quasi aus einer Metaperspektive mit dem eigenen Tun auseinander, sodass aus einfachem Tun ein bildendes Tun wird.

(4) Beurteilung bzw. Kontrolle

Die gemachten Erfahrungen werden ausgewertet und das Ergebnis gemeinsam beurteilt. Das Arbeitsergebnis wird dabei mit dem ursprünglichen Plan verglichen, wobei folgende Fragen aufgeworfen werden können:
 

  • Wurden die angestrebten Ziele erreicht?
  • Sind wir mit unserem Projektergebnis zufrieden?
  • Wurden Arbeits- und Planungstechniken genügend beherrscht?
  • Welcher Art waren die aufgetretenen Schwierigkeiten in der Planungsphase und in der Durchführungsphase? Sind diese Schwierigkeiten lösbar; wenn nicht, warum?
  • Welche Konsequenzen lassen sich aus der Projektarbeit für die weitere Arbeit ziehen?

2. Varianten der Projektmethode

Kaiser/Kamsinski (2012, 204 f.) unterscheiden zwei Varianten der Projektmethode:

  • Im Rahmen des „normalen“ Unterrichteinsatzes der Projektmethode im Rahmen der normalen Unterrichtsstunden eines Faches oder Lernbereichs. Innerhalb eines bestimmten Zeitraums (z. B. acht Wochen) wird an einem Projektthema gearbeitet, ohne dass der Stundenplan der anderen Fächer davon berührt wird.
  • Projektwochen – Der schulische Regelunterricht wird zugunsten der Projektwoche unterbrochen. Es werden thematisch ausgewiesene Projektgruppen gebildet, die am Ende der Projektwoche ihre Ergebnisse auf einer gemeinsamen Veranstaltung präsentieren.
     

Unterschiede zwischen diesen beiden Varianten ergeben sich insbesondere aufgrund der unterschiedlichen institutionellen Rahmenbedingungen (z. B. (un-)freiwillige Teilnahme, formelle/informelle Lernprozesse). Vor allem der Zeitrahmen des Projekts als integraler Bestandteil des Regelunterrichts oder als Projektwoche unter Aufhebung des gültigen Stundenplans bestimmen nicht unwesentlich die Lern- und Inhaltsmöglichkeiten der Projektarbeit. Während z. B. im Projektunterricht längere Informationsphasen möglich sind, ist diese Phase in Projektwochen zeitlich auf eine Woche beschränkt. Kaiser und Kaminski (2012, 204) verweisen in diesem Zusammenhang auf die Gefahr, die Projektwoche als „Motivationsvehikel“ bzw. „Belohnungsinstrument“ als Ausgleich für einen sonst eher langweiligen Schulalltag einzusetzen und sie z. B. zum Schuljahresende durchzuführen, was den Projektwochen häufig den Charakter von Sport- und Spielewochen bzw. von Spaß- und Freizeitveranstaltungen verleiht.

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