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Planspiel

Eine besonders dynamische Herangehensweise an Konflikt- und Problemsituationen

Nach dem Kerncurriculum für die Integrierte Gesamtschule im Fach Arbeit-Wirtschaft-Technik (Niedersachsen) bietet das Planspiel die Möglichkeit, verschiedene Interessen gegeneinander abzuwägen, Entscheidungshilfen zu finden und Problemlösungsverhalten zu üben. Die Handlungsmöglichkeiten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind von vorgegebenen Spielregeln abhängig.

Definition

„Ein Planspiel ist eine besondere Form eines dynamischen Modells, in dem sich die Spielteilnehmer/innen mit konfliktären bzw. problemhaltigen Situationen innerhalb eines durch Regeln festgelegten Kontextes unter einer bestimmten Zielsetzung kollektiv und individuell handelnd auseinandersetzen“ (Rebmann 2001, 10).

Hintergrund

Das indische Kampfspiel Chaturango sowie das persische Schachspiel bzw. das chinesische Brettspiel Wie-Hai werden als historische Vorläufer des Planspiels vermutet. Tatsächlich ist es nach Rebmann (2002, 29) das militärische Planspiel, das dann in Verbindung mit der Spieltheorie, der elektronischen Datenverarbeitung sowie der Entwicklung des Operation-Researchs einen erheblichen Einfluss auf die Entstehung und Ausgestaltung von Unternehmensplanspielen ausübte. Die eigentliche Wende zu Planspielen für den wirtschaftlichen Bereich vollzog sich aber in den USA, wo die American Management Association im Jahre 1956 erste Simulationsspiele entwickelte, die bereits die wichtigsten Wesensmerkmale von heutigen Unternehmensplanspielen aufweisen. Ziel war es, angehende Führungskräfte auf ihre Führungsaufgaben vorzubereiten und Entscheidungssituationen zu trainieren (Kaiser/Kaminski 2012, 146 f.).

Das Planspiel setzt sich nach Kaiser/Kaminski (2012, 147 f.) aus folgenden Komponenten zusammen: Modell und Spiel. Ein Modell bildet einen Wirklichkeitsausschnitt in vereinfachter Form ab und legt den Rahmen für das Spielgeschehen fest. Innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens übernehmen die Teilnehmenden bestimmte Rollen und orientieren sich an festgelegten Regeln, die für das Planspiel gelten. Die Form des Spiels ermöglicht es ihnen, Spielentscheidungen zu treffen, die zwar Auswirkungen auf den Spielverlauf haben, aber nicht mit ernsthaften Konsequenzen verbunden sind. Das Spiel gliedert sich in mehrere Perioden, die dem Spielverlauf eine Dynamik verleihen. Dieser dynamische Prozess schreitet im Spiel i. d. R. wesentlich schneller voran als in der Realität, wodurch das Spiel spannend bleibt, da Konsequenzen unmittelbar erfahrbar gemacht werden. Neben der Qualität ist die Umsetzung durch die Lehrenden entscheidend für einen erfolgreichen Planspielunterricht. Planspiele sind deshalb in ein pädagogisch-didaktisches Konzept einzubetten.

Beschreibung
1. Verlaufsstruktur

Der idealtypische Ablauf eines Planspiels lässt sich in drei Phasen gliedern (Kaiser/Kaminski 2012, 151; Gehlert/Pohlmann 2001, 60)

(1) Vorbereitung

In der Phase der Spielvorbereitung findet die Konfrontation mit der Ausgangssituation des Spiels statt. Es werden inhaltliche und formale Aspekte wie das Kernproblem des Spiels, die Spielregeln und -rollen geklärt sowie eine Aufteilung in Gruppen vorgenommen. Diese erste Spielphase dient bei komplexen Planspielen in der Regel überwiegend oder auch ausschließlich dem Kennenlernen des Spiels.

(2) Durchführung Im Anschluss an die erste Spielphase wird zumeist eine zweite Vorbereitung bzw. vertiefte Einführung in das Planspiel oder die Klärung offener Fragen, die bei der Handhabung des Modells aufgetreten bzw. für das weitere strategische Vorgehen in der Spielphase von Bedeutung sind, notwendig. In dieser Spielphase werden Ideen umgesetzt, Strategien entworfen und neue Informationen erarbeitet.

(3) Auswertung Die Reflexionsphase kann je nach Spielverlauf unterschiedlich akzentuiert sein. In der Regel liegt der Auswertungsschwerpunkt zunächst auf einer Diskussion der Spielergebnisse und des Spielverlaufs. Es können zugleich die Ursachen und Wirkungen des Entscheidungsverhaltens der Spielenden bzw. der Spielergruppen analysiert und Strategien für das Verhalten in der nächsten Spielphase entwickelt werden. In der Reflexionsphase sind außerdem die Annahmen, die in das Modell eingegangen sind, aufzudecken und ein Modell-Realitätsvergleich durchzuführen. Modelle sind Instrumente zur Erfassung von Ausschnitten der Wirklichkeit und es muss klar sein, wovon, für wen, wann und wozu etwas Modell ist.

2. Varianten des Planspiels

In der Planspielliteratur werden vielfältige Planspielarten unterschieden. Dabei lassen sich Planspiele beispielsweise nach Verwendungszweck, Inhaltsbereich und Adressatenkreis klassifizieren (Rebmann 2002, 33):

a) Verwendungszweck

  • Forschungsplanspiele
  • Planungsplanspiele
  • Entscheidungsplanspiele
  • Prognoseplanspiele
  • Theoriebildungsplanspiele
     

b) Inhaltsbereich

  • naturwissenschaftliche Planspiele
  • militärische Planspiele
  • ökologische Planspiele
  • politische Planspiele
  • technische Planspiele
  • Verwaltungsplanspiele
  • Unternehmensplanspiele
     

c) Adressatenkreis

  • Schüler-Planspiele
  • Studierende-Planspiele
  • Führungskräfte-Planspiele

3. Kritische Würdigung des Planspiels

In Anlehnung an Reetz (1996, 185) können folgende Kriterien für die Konstruktion und Evaluation von Planspielen herangezogen werden:

a) Situative Repräsentation von Planspielen

  • Spiegelt das Planspiel Situationen aus der Praxis wider?
  • Enthält die Simulation ein realistisches Problem?
  • Erlaubt das Planspiel, das Problem aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten?
     

b) Wissenschaftliche Repräsentation von Planspielen

  • Sind in die Simulation Erkenntnisse von Wissenschaften so eingebaut, dass sie von den Lernenden entdeckt werden können?
  • Lässt sich von den durch das Planspiel vermittelten Situationen und Problemen auf eine wissenschaftliche Erkenntnis schließen?
  • Trifft diese Erkenntnis auch auf vergleichbare Probleme und Situationen in anderen Kontexten zu?
     

c) Subjektive Bedeutsamkeit von Planspielen

  • Kann das Planspiel beim Lernenden subjektive Betroffenheit erzeugen?
  • Lädt das Planspiel ein, sich mit dem Problem einzulassen, d. h. bietet es ausreichend Identifikationspotential?
  • Aktiviert das Planspiel Vorwissen und spricht es die Interessen der Lernenden an?
     

d) Subjektive Adäquanz bzw. Fasslichkeit von Planspielen

  • Ist das Planspiel in seiner Komplexität angemessen reduziert und überschaubar gestaltet?
  • Motiviert das Planspiel beispielsweise durch einen Konflikt oder eine Störung?
  • Ist das Planspiel konkret, gegenwartsbezogen, anregend und interessant gestaltet?
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